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AutorenbildG.A. Pfretzschner

Katalog der Firma G.A. Pfretzschner - von 1928

Aktualisiert: 23. Dez. 2022

Über 90 Jahre ist das nun her. Klar, kein Internet, keine E-Mails und trotzdem mussten die Kunden ja irgendwie davon Wind kriegen, was die Firma im Sortiment hatte. Heute macht man das über Online-Shops - damals erstellte man alle paar Jahre einen neuen Katalog - wenn überhaupt. Das war aufwendig und richtig teuer. Zuerst der Druck und schließlich der Versand in alle Herren Länder. Schon damals war der Katalog von G.A. Pfretzschner zweisprachig - deutsch und englisch - machte man doch vor allem mit Kundschaft aus den USA sehr gute Geschäfte.

Das wichtigste Produkt waren natürlich die Geigen (obwohl diese Bezeichnung kein einziges Mal in dem Katalog vorkommt) - es waren die Violinen, Violas und Violoncelli die hier angeboten wurden. Wie die alten Geschäftsbücher zeigen, wurden sie in der Regel im Duzend verkauft. Hier seht ihr das Sortiment an Violinen das damals geführt wurde - fast jeder bekannte Name, vor allem die der italienischen Meister, waren dabei. Von Stradivarius (natürlich) über Guarnerius, Amati, Gegliano, Ruggeri, Maggini, Klotz, Caspar da Salo - you name it, we had it!

Und das natürlich in unterschiedlichen Ausführungen. In der Farbgebung von gelbbraun schattiert über rotbraun leicht schattiert, goldbraun, rotgelb ... dann alt imitiert, leicht imitiert, Kopf fein gestochen, ganzer Boden, glänzend poliert, schön geflammt, und und und.


Natürlich waren das keine "echten" Stradivaris oder Amatis, sondern eben Geigen aus Markneukirchen und Umgebung, welche nach diesen Modellen zu Hunderten oder gar Tausenden von Werkstätten und Heimarbeitern gefertigt wurden. Die Zettel wurden ebenso "imitiert", manchmal nahe am Original und manchmal sehr kreativ anders und häufig mit dem Zusatz "Copie" oder "Replikat". Also mal ehrlich, wer eines dieser Instrumente für vergleichsweise wenig Geld gekauft hat, der konnte - auch damals schon - nicht davon ausgehen, dass es sich dabei um "echte" Instrumente der italienischen Meister handelte. Es war halt Massenware, ja stimmt - wo die Nachfrage, da das Angebot. Und der Bedarf war ja riesig, denn wer Musik hören wollte der musste Musik machen. Kein Plattenspieler, kein Walkman, kein MP3-Player, kein Streaming - so wie heute. Es gab ja auch nur die klassische Musik und die Volksmusik und für beides benötigte man eben viele echte Musikinstrumente.


Neben den Geigen führte das Unternehmen natürlich auch das Zubehör wie Beispielweise die Saitenhalter, die Wirbel , Griffbretter, Stege, Kinnhalter, Dämpfer, Kolophonium und natürlich Saiten und vieles mehr. Alle in unterschiedlichsten Ausführungen und Qualitäten. Damit ihr euch ein Bild davon machen könnt, sind hier ein paar Eindrücke zusammengestellt, vielleicht erkennt ihr die Originale ja auf den Katalogbildern wieder.


Es ist wirklich erstaunlich, wie viel Mühe die sich damals mit den Einlegearbeiten aus Perlmut gegeben haben. Klanglich ist das die Hölle, wenn so ein Plättchen halb lose ist und immerzu vor sich hinschnurrt. Auch die Kinnhalter hatten teilweise schon eine bizarre Form und Schulterkissen verwenden heute wohl nur noch die wenigsten Musiker.


Natürlich waren auch Bögen im Sortiment. Vom einfachen Brasilholzbogen ohne Schnickschnack bis hin zu den besten Fernambukstangen mit Elfenbeinfrosch und haste nicht gesehen. Und auch hier wiederholt sich die Strategie - nur die besten Namen wie Vuillaume, Tubbs, Dodd, Tourte, Nürnberger und natürlich Pfretzschner (G.A.) wenn ihr wisst was gemeint ist. Einer ist im Original erhalten, erkennt ihr ihn?


Gustav Adolf Pfretzschner war auch wirklich ein intelligenter Geschäftsmann. Er handelte nicht nur mit Musikinstrumenten sondern er hatte auch die Werkzeuge und die Tonhölzer im Sortiment die erforderlich war um die Geigen, Bratschen und Bögen zu bauen. So belieferte er praktisch die Hersteller der Instrumente auf der einen Seite, kaufte dann die fertigen Instrumente auf und verdiente dann noch einmal an deren Verkauf. Heute würden man sagen - eine perfekte Wertschöpfungskette.



Irgendwo musste man die Instrumente ja auch reinlegen, wenn man sie transportieren wollte. Und als hätten wir's geahnt, finden sich auch Futterale im Angebot. Heute würde man Etui oder Koffer dazu sagen. Die einfachste Ausführung war die schwarz lackierte Holzkiste die man aus den Mafiafilmen kennt. Aber die Guten, mit Lederüberzug und feinster Seidenplüschausstattung und vergoldeten Beschlägen, das waren schon für sich echte Schönheiten. Möchte nicht wissen, was so ein Koffer gewogen hat.


Und selbstverständlich handelte die Firma G.A. Pfretzschner auch mit Celli und Kontrabässen und dem entsprechenden Zubehör. Die Stachel sind interessant und werden heute in dieser Form wohl eher nicht mehr verwendet.



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